Please use this identifier to cite or link to this item: https://hdl.handle.net/10419/294155 
Year of Publication: 
2024
Series/Report no.: 
IAB-Forschungsbericht No. 4/2024
Publisher: 
Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB), Nürnberg
Abstract: 
Mit dem Teilhabechancengesetz wurde das Förderportfolio der Grundsicherung für Arbeitsuchende um die Förderinstrumente "Eingliederung von Langzeitarbeitslosen" (§ 16e SGB II) und "Teilhabe am Arbeitsmarkt" (§ 16i SGB II) erweitert. In beiden Fällen handelt es sich um Lohnkostenzuschüsse für Arbeitgeber, die förderberechtigte Personen einstellen. Die Förderung steht dabei privatwirtschaftlichen Betrieben ebenso offen wie öffentlichen oder gemeinnützigen Arbeitgebern. Beide Instrumente richten sich an (besonders) arbeitsmarktferne Leistungsberechtigte und sollen ihnen den - ohne die Lohnkostenförderung voraussichtlich verwehrten - Zugang zum Arbeitsmarkt ermöglichen. Auf diese Weise sollen ihre soziale Teilhabe, ihre Beschäftigungsfähigkeit sowie ihre Beschäftigungschancen auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt verbessert werden. Im Rahmen der Wirkungsforschung nach § 55 SGB II übernimmt das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) die wissenschaftliche Evaluation der Förderinstrumente. Verteilt auf insgesamt acht Teilprojekte wurden die Umsetzung, der betriebliche Einsatz sowie die Wirkung der Förderinstrumente nach § 16e und § 16i SGB II untersucht. Mit der Verfestigung von Arbeitslosigkeit und Leistungsbezug adressiert das Teilhabechancen-gesetz eine der maßgeblichen arbeitsmarktpolitischen Herausforderung der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Den vorliegenden Forschungsbefunden nach zu urteilen, gehen beide mit dem Teilhabechancengesetz geschaffenen Instrumente diese Herausforderung effektiv an. Sie stellen damit eine wichtige Erweiterung der Fördermöglichkeiten für (besonders) arbeitsmarktferne Leistungsberechtigte des SGB II dar. Diese Einschätzung stützt sich auf die nachfolgend skizzierten zentralen Befunde der wissenschaftlichen Begleitforschung: - Die gesetzlichen Zugangskriterien beider Instrumente werden nahezu ausnahmslos erfüllt, relevante Teilgruppen unter den Geförderten - darunter insbesondere Frauen sowie Personen ohne beruflichen Abschluss - bleiben jedoch unterrepräsentiert. - "Teilhabe am Arbeitsmarkt" (§ 16i SGB II) erreicht die anvisierte Gruppe besonders arbeitsmarktferner Leistungsberechtigter zuverlässig, bei "Eingliederung von Langzeitarbeitslosen" (§ 16e SGB II) ist dagegen eine gewisse Positivselektion innerhalb der Gruppe der formal Förderberechtigten feststellbar. - Die ganzheitliche beschäftigungsbegleitende Betreuung (Coaching) erreicht einen überwiegenden Anteil der Geförderten und ist breit akzeptiert, ihre praktische Umsetzung ist jedoch mitunter ausbaufähig. - Beide Instrumente haben einen positiven Effekt auf die Beschäftigungsfähigkeit, die soziale Teilhabe und andere subjektive Indikatoren. - "Eingliederung von Langzeitarbeitslosen" hat einen überraschend hohen positiven Effekt auf die Beschäftigungschancen der Geförderten. - Unerwünschte Nebenwirkungen des Instrumenteneinsatzes, wie betriebliche Mitnahme und Substitution regulärer Beschäftigung, wurden bislang nicht festgestellt. Der Beobachtungszeitraum für die Wirkungsanalysen ist allerdings noch vergleichsweise kurz. Inwieweit die Effekte auf soziale Teilhabe, Beschäftigungsfähigkeit und - im Falle von "Eingliederung von Langzeitarbeitslosen" - auf die Arbeitsmarktchancen über einen längeren Zeitraum hinweg Bestand haben, ist eine empirisch offene Frage. Das gilt ebenfalls für die Effekte von "Teilhabe am Arbeitsmarkt" auf den Übergang in ungeförderte Beschäftigung. Aufgrund der im Vergleich zu § 16e SGB II deutlich längeren Förderdauer befindet sich das Gros der Teilnehmenden der betrachteten Stichprobe noch in der Förderung. Übergänge in den Arbeitsmarkt sind daher bislang nicht in einem Umfang beobachtbar, der die Messung von Nettoeffekten erlauben würde. Die Forschungsergebnisse legen lediglich moderate Änderungen der gesetzlichen Ausgestaltung der beiden Instrumente nahe, sprechen aber teils für weiterreichende Anpassungen ihrer praktischen Umsetzung. Letzteres betrifft zum einen die Zuweisungspraxis der Jobcenter, die einer Unterrepräsentanz bestimmter Teilgruppen von Leistungsberechtigten in der Förderung, unter anderem von Frauen, nicht zuverlässig entgegenwirkt. Zum anderen sind grundlegende Anpassungen der beschäftigungsbegleitenden Betreuung anzuraten. So sollte das Coaching bereits in der Anbahnungsphase beginnen, in der Beschäftigungsphase kontinuierlich sichergestellt und personelle Wechsel dabei möglichst vermieden werden. Größere Aufmerksamkeit sollte zudem der Frage nach den Anschlussperspektiven der Geförderten gewidmet werden. Schließlich drohen insbesondere die erzielten Teilhabeeffekte und damit auch die aufgewandten Investitionen ohne eine (ungeförderte) Anschlussbeschäftigung zu verpuffen. Alles in allem bestätigen die vorliegenden Befunde, dass der Instrumentenkasten des SGB II mit dem Teilhabechancengesetz um zwei effektive Instrumente ergänzt und damit die Fördermöglichkeit von (besonders) arbeitsmarktfernen Leistungsberechtigten substanziell erweitert wurde. Folglich sprechen die Evaluationsergebnisse ungeachtet gewisser weiterer Forschungsbedarfe dafür, beide Instrumente im Förderportfolio des SGB II zu behalten und stützen damit nachträglich die bereits beschlossene Entfristung der Förderung nach § 16i SGB II auch aus wissenschaftlicher Sicht. Angesichts der Verfestigungstendenzen von Arbeitslosigkeit und Leistungsbezug eines nennenswerten Teils der Leistungsberechtigten der Grundsicherung für Arbeitsuchende bleiben solche Förderangebote auch zukünftig unverzichtbar, um dem betroffenen Personenkreis die Teilhabe am Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Es sollte daher insbesondere eine Situation vermieden werden, wie sie zwischen 2012 und 2019 bestand, als keine der Förderung nach § 16i SGB II vergleichbare Variante öffentlich geförderter Beschäftigung im Regelinstrumentarium der Grundsicherung für Arbeitsuchende existierte.
Abstract (Translated): 
Despite the decline in unemployment in recent years, long-term unemployment remains a major challenge for the German labour market. In response, two further labour market programmes - 'Integration of the long-term unemployed' (section 16e of Book II of the German Social Security Code (SGB II)) and 'Participation in the labour market' (section 16i SGB II) - were introduced in 2019. Both provide wage subsidies for employers who hire people covered by the programmes, which are open to employers in the private, public and non-profit sectors. Both programmes target beneficiaries who are furthest from the labour market. The subsidised employment is intended to boost the beneficiaries' social participation, employability and employment opportunities. The Institute for Employment Research (IAB) evaluated the use and impact of the programmes between 2019 and 2023. As unemployment and claiming benefit become more entrenched, the two programmes address one of the main challenges of labour market policy: basic income support for jobseekers. The findings presented in this report indicate that both programmes are effectively addressing this challenge, and therefore represent an important reform of labour market policy. This assessment is based on the key findings of the evaluation outlined below: - The statutory access criteria for both programmes are met almost without exception, but relevant subgroups - in particular women and people without vocational qualifications - are underrepresented among the participants. - 'Participation in the labour market' (section 16i SGB II) reliably reaches the target group of beneficiaries who are furthest from the labour market. In the case of 'Integration of the long-term unemployed' (section 16e SGB II), a certain positive selection bias can be identified within the group of those formally entitled to support. - The coaching programme reaches a large proportion of those receiving support and is widely accepted, however its implementation could be improved. - Both measures have a positive effect on the participants' employability and social integration, and on other subjective indicators. - 'Integration of the long-term unemployed' has a surprisingly strong positive effect on the participants' employment opportunities. - No undesirable side-effects, such as 'deadweight losses' or the substitution of regular employment, have been identified. However, the observation period for the analyses is still comparatively short. The extent to which the effects on social participation, employability and - in the case of 'Integration of the long-term unemployed' - employment opportunities persist over a longer period of time has yet to be empirically ascertained. This is also true of the effects of 'Participation in the labour market' on the transition to unsubsidised employment. Due to the significantly longer duration of support compared to section 16e SGB II, the majority of the participants in the reviewed sample are still on the programme. As a consequence, there have not been enough transitions into the labour market yet for the net effects to be measurable. The research results suggest only minor changes to the legal structure of the two programmes are necessary, although some findings suggest the need for adjustments to the programmes' implementation. These include changes to the way that job centres allocate beneficiaries, which so far has been insufficient to counteract the underrepresentation of certain subgroups of beneficiaries on the programme, and fundamental adjustments to coaching. For example, coaching should begin as early as the initial phase and continue throughout the employment phase, and staff changes should be avoided wherever possible. More attention should also be paid to the participants' employment prospects. Otherwise, the participants' social participation is likely to decline again, and with it the return on the investment in the programmes. All in all, the research results show that the programmes are effective and have substantially improved the support of beneficiaries who are furthest from the labour market. Consequently, the evaluation's results support retaining both programmes. From a scientific point of view, they also demonstrate that the policy decision to permanently establish the programme in accordance with section 16i SGB II was the right one to take. Given the tendency for unemployment to become entrenched among a significant proportion of those entitled to basic income support for jobseekers, the measures will remain indispensable in the future.
Subjects: 
Teilhabechancengesetz
soziale Teilhabe
Beschäftigungsfähigkeit
Arbeitsmarktchancen
Persistent Identifier of the first edition: 
Creative Commons License: 
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Document Type: 
Research Report

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